Schriftgröße A A A

PeerPal - Digitale Vernetzung bei Aphasie zur Steigerung der Lebensqualität

Hintergrund

Ausgangspunkt ist die reduzierte soziale Teilhabe und verminderte Lebensqualität von Menschen mit neurologischer Sprachstörung, Aphasie, die meist die Folge eines Schlaganfalls ist. Die Prävalenz der Aphasie in Deutschland beträgt aktuell ca. 100.000 mit einer steigenden Tendenz aufgrund des demographischen Wandels und der verbesserten medizinischen Versorgung mit größeren Überlebensraten. Die Betroffenen erleben erhebliche psychosoziale Veränderungen, die zu Autonomieverlusten und sozialem Rückzug führen. In der Folge leiden bis zu 62 % der Betroffenen 12 Monate nach einem Schlaganfall an einer Depression. Das Eingebundensein in als sinnvoll erlebte Aktivitäten und sozialer Austausch können dem entgegenwirken. Peer-to-peer Unterstützung etwa in Selbsthilfegruppen kann soziale Inklusion und psychisches Wohlbefinden befördern. Jedoch behindern strukturelle Hindernisse wie Mobilitätsprobleme oder eine mangelnde flächendeckende Versorgung die Teilnahme (Lanyon et al., 2013). Digitale soziale Netzwerke können hier eine Lösung bieten. Ihre Nutzung gehört für viele Menschen bereits zum Alltag. Übliche schriftsprachorientierte Medien sind für Personen mit Kommunikationsstörungen jedoch zu komplex. Menschen mit Aphasie benötigen zum Verstehen häufig eine bildhafte Unterstützung und leichter Sprache mit kurzen Nachrichten. Erste digitale soziale Netzwerke angepasst für Menschen mit Aphasie bieten lediglich einen asynchronen Austausch.

Zielsetzung

Das übergeordnete Ziel des Projekts PeerPal besteht in der Lebensqualitätssteigerung von Menschen mit Aphasie durch die Entwicklung und Evaluation eines angepassten digitalen sozialen Netzwerks. Hiermit ist die Prävention eines verminderten psychologischen Wohlbefindens verbunden. Ein Mehr an sozialer Teilhabe soll erreicht werden. Mit der an die Fähigkeiten von Menschen mit Aphasie angepassten Software (App) sollen ein digitaler Austausch aber auch face-to-face Treffen mit anderen Betroffenen stimuliert werden. Ein weiteres Ziel besteht im Erkenntnisgewinn dazu, wie Digitalisierung genutzt werden kann, um die Teilhabe kommunikativ beeinträchtigter Menschen zu fördern, und welche Faktoren zu einem gelingenden Umgang beitragen können.

Methode

Unter Einbezug der Betroffenen soll eine App entwickelt werden, die durch eine multimodale Konzeption die besonderen Bedarfe der Zielgruppe berücksichtigt und niederschwellig den Austausch mit anderen Betroffenen ermöglicht. Die App soll u.a. einen an die Schwierigkeiten der Zielgruppe angepassten Messenger und eine dementsprechende Video-Chat-Funktion beinhalten. Als Kernstück der App ist eine Aktivitäten-Funktion mit automatischer Erinnerung geplant, über die Betroffene eigene Vorschläge für Aktivitäten einbringen oder auf Aktivitätsangebote anderer Betroffener reagieren können. Damit soll der soziale Austausch, gerade in ländlichen Gebieten, ermöglicht werden. Über die Eingabe eigener Interessen im Rahmen eines Kurzprofils und eine diesbezügliche Suchfunktion können die Teilnehmenden Personen mit gleichen Interessen finden. Ist ein persönlicher Austausch erschwert, können Gespräche auch über den integrierten Video-Chat erfolgen.
In Form eines Vortest-Nachtest-Kontrollgruppen-Designs mit einer Follow-up Untersuchung nach drei Monaten sollen insgesamt 36 Personen mit Aphasie die Intervention durchlaufen. Weitere 36 Personen mit Aphasie dienen als Kontrollgruppe. Die Teilnehmenden der Interventionsgruppe erhalten in Kleingruppen zu Beginn der Intervention eine Kurzschulung zum Umgang mit der App. In der daran anschließenden viermonatigen Interventionsphase werden sie durch Projektmitarbeiter*innen individuell betreut. Die Teilnehmenden der Kontrollgruppe erhalten usual care.

Die Studie wird als Verbundprojekt der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg und der Katholischen Hochschule Mainz innerhalb der Förderlinie FH-Sozial des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 283.000 Euro gefördert.

Auf einen Blick

Projektkoordination

Prof.in Dr. Norina Lauer, Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg

Projektleitung an der KH
Prof.in Dr. Sabine Corsten, Katholische Hochschule Mainz
FinanzierungBundesministerium  für Bildung und Forschung
Laufzeit2020 - 2023